"Keine Abschiebung in konkrete Lebensgefahr" - Flüchtlingsrat, Initiativausschuss und Diakonie in Rheinland-Pfalz fordern Integrationsminsterin Spiegel auf, von Abschiebungen nach Afghanistan abzusehen
Mainz. Kaum einen Monat ist es her, dass 30 Menschen nach Afghanistan abgeschoben worden sind.
Mainz. Kaum einen Monat ist es her, dass 30 Menschen nach Afghanistan abgeschoben worden sind. Abgeschoben in das gefährlichste Land der Welt, das in besonderem Maße von der Corona-Pandemie betroffen ist und in dem die Menschen massenhaft innerhalb des Landes und über dessen Grenzen hinaus von Hungersnot und massiver Gewalt vertreiben werden. Und schon plant das Bundesinnenministerium den nächsten Sammelcharter in konkrete Lebensgefahr. Er soll nach derzeit vorliegenden Erkenntnissen am 12. Januar 2021 starten. Rheinland-Pfalz hatte sich begrüßenswerter Weise an der Abschiebung im Dezember 2020 – anders als bei vorherigen Sammelabschiebungen – nicht beteiligt.
Der AK Asyl – Flüchtlingsrat Rheinland-Pfalz e.V., der Initiativausschuss für Migrationspolitik in Rheinland-Pfalz und die Diakonie in Rheinland-Pfalz sprechen sich entschieden gegen Abschiebungen nach Afghanistan aus und fordern Integrationsministerin Spiegel auf, weiterhin hiervon abzusehen.
„Die Sicherheitslage in Afghanistan ist weiterhin desaströs, die Kämpfe zwischen afghanischer Armee und nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen dauern im ganzen Land an. Regelmäßig kommt es zu Anschlägen, die Menschenleben kosten“, sagt Albrecht Bähr, Sprecher der Diakonie in Rheinland-Pfalz. „Medizinische Einrichtungen bleiben wegen der instabilen Sicherheitssituation geschlossen oder sind nicht erreichbar – und das während der zweiten Welle der Pandemie. Gleichzeitig sind die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie fatal: Fast die Hälfte der Bevölkerung kann sich nicht mehr eigenständig ernähren", so Bähr weiter.
Trotz all dieser Lebensgefahren scheine der zuständige Bundesinnenminister erpicht, zum monatlichen Rhythmus der Sammelabschiebungen nach Afghanistan zurückzukehren – koste es, was es wolle.
„Es ist vollkommen inakzeptabel, Menschen aus politischem Kalkül heraus in eine derartige Situation abzuschieben“, konstatiert der Geschäftsführer des Initiativausschusses für Migrationspolitik in Rheinland-Pfalz, Torsten Jäger. „Während in Deutschland der Lockdown verschärft wird, Kontakte weiter eingeschränkt werden müssen und der Bewegungsradius auf 15km vom Wohnort eingeschränkt werden kann, werden Menschen zum Zwecke der Abschreckung anderer Schutzsuchender um die halbe Welt geflogen. Das ist zynisch und menschenverachtend.“
Sammelabschiebungen nach Afghanistan waren wegen der Pandemie aufgrund dringender Bitten der afghanischen Regierung von März bis November 2020 vorübergehend ausgesetzt worden. Nach der Afghanistan-Geberkonferenz Ende November in Genf, waren die Abschiebungen im Dezember wiederaufgenommen worden, sodass ein Zusammenhang mit der Zusicherung weiterer Hilfszahlungen zu vermuten ist.
„Das rheinland-pfälzische Integrationsministerium ist im Dezember mit gutem – und angesichts der Lage vor Ort einzig vertretbarem – Beispiel vorangegangen und hat sich nicht an der Sammelabschiebung beteiligt“,ergänzt Pierrette Onangolo, Geschäftsführerin des AK Asyl – Flüchtlingsrat Rheinland-Pfalz e.V. „Wir erwarten, dass das Integrationsministerium bei dieser Haltung bleibt. Die Situation in Afghanistan hat sich in den letzten Wochen um keinen Deut verbessert – ganz im Gegenteil.“
Der AK Asyl – Flüchtlingsrat Rheinland-Pfalz e.V., der Initiativausschuss für Migrationspolitik in Rheinland-Pfalz und die Diakonie in Rheinland-Pfalz fordern Integrationsministerin Spiegel deshalb erneut dazu auf, weiterhin von Abschiebungen nach Afghanistan abzusehen und vielmehr – am besten gemeinsam mit anderen Bundesländern – einen generellen Abschiebungsstopp zu erlassen.